„Katja“ von Brigitte Reimann


In diesen „Erzählungen über Frauen“ zeigt sich die Autorin Brigitte Reimann als frühe und vehemente Feministin, auch wenn sie sich selbst womöglich nicht so bezeichnet hätte. Es geht in diesen Werken, die sie teilweise mit 15 Jahren schrieb, um verschiedene Frauenschicksale, ein sechzehnjähriges Mädchen, eine Sklavin um 80 v.Chr., eine Studentin und andere. Es geht um Liebe und Sex, Selbstbestimmung und Häuslichkeit, die Rollenerwartungen an Frauen, die je nach Alter, Zeit und Gesellschaft meist Zwang, Fremdbestimmung und Unterdrückung nach sich ziehen.

Der erste Teil der Erzählungen ist mit „Das übliche Schicksal“ der Frauen überschrieben, im zweiten Teil findet sich ein Laienspiel, das sie mit 15 Jahren verfasste und in dem es auch um Gleichberechtigung geht.

Wie immer hat mich die Autorin durch ihren Schreibstil, der nüchtern, teils industrieromantisch und voll poetischer Bilder gleichermaßen ist. Diese scheinbare Widersprüchlichkeit des Stils spiegelt dabei die innere Unruhe und schwierige Situation ihrer weiblichen Figuren. 

„Sie wartete am Werktor, den Mantelkragen hochgeschlagen, ein zartgrüner Fleck im Dämmer des späten Nachmittags (…). Da kam er. Sein blondes Haar sprühte goldig auf im Licht der Bogenlampe über dem Werktor.“

Und man fragt sich, wie geht es weiter mit den beiden? Liebt er sie? Verlässt sie ihn? Heiratet sie ihn? Komplexe Beziehungen, durch Sehnsüchte, unterschiedliche Lebensrealitäten, Enttäuschungen geprägt. Schon hier, in diesen frühen, teils skizzenhaften Texten, zeigt sich ihr einzigartiges Schreiben. 

Im Anhang findet sich ein erhellendes Nachwort von Carsten Gansel.

Aufbau 2024

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