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„Gegen das Schweigen“ von Luise Pusch

Die feministische Sprachwissenschaftlerin und Herausgeberein des von mir geliebten Kalenders „Berühmte Frauen“ schildert in dieser Autobiografie ihre Kindheit und Jugend in der Nachkriegszeit der biederen Fünfziger Jahre.

Ihre geschiedene, berufstätige, alleinerziehende Mutter prägte sie nicht nur hinsichtlich ihres modernen Frauenbildes und ihrer Selbstständigkeit, sondern auch durch das Vorlesen  altmodischer Bücher von Autorinnen des neunzehnten Jahrhunderts. Dazu gesellten sich Karl May und Donald Duck, die Kultur und Weltbild der ganz jungen Luise abrundeten.Lesben kamen in der Literatur damals nicht vor und später schrieben z.B.  Ingeborg Bachmann und Gabriele Wohmann nur abschätzig über die Frauenliebe.

Ihre Familie ist geprägt von Missionarsgeschichten und Luise verschweigt ihre Schwärmerei für Krankenschwestern oder Lehrerinnen zunächst, um ihre Mutter nicht eifersüchtig zu machen. Die unausgesprochene Erwartung, genau so zu sein, wie die gutbürgerliche heteronormative, spießige Gesellschaft der Fünfziger, abfällige Bemerkungen und unausgesprochene Verurteilungen verhinderten lange Zeit die Akzeptanz ihrer Gefühle, die als abartig galten. Unglückliche Teenagerlieben, Angst und Anspannung prägten ihre Jugend. Erst in den wilden Sechziger Jahren hat sie ihre Mutter im Alter von 22 Jahren konfrontiert und mit ihrer Freundin und anderen Lesben Räume erobert, die es bis dahin, anders als für die schwulen Männer, gar nicht gab.

Das Buch bringt nicht nur die stickige, hölzerne, familiäre Atmosphäre sehr gut rüber, sondern gibt auch einen Einblick in die Kultur der Fünfziger/Sechziger Jahre, die Bücher und Neuerscheinungen, die Luise, zunächst aufgrund ihrer Schwärmerei für Charlotte und deren intellektuellen Elternhauses konsumierte, und später aus literarischer Leidenschaft. Zahlreiche authentische Details schmücken diese Geschichte aus, die das Leid der Unsichtbarkeit zu erklären versucht, und warum das Leben als Lesbe dieser Generation trotz fehlender offener Diskriminierung durch tiefsitzende gesellschaftliche Homophobie zu Angst und Minderwertigkeitskomplexen führen konnte. 

AVIVA 2022

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