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„Unsere unendlichen Tage“ von Claire Fuller

Dieser Roman ist vielschichtig und packend, voller Abgründe und Irrsinn. Er erzählt die Geschichte aus der Sicht von Peggy, die mit acht Jahren von ihrem Vater unter dem Vorwand einer Urlaubsreise aus England in eine einsame Hütte im bayrischen Wald entführt wurde, wo sie neun Jahre niemand fand, bis sie eines Tages verletzt in einem kleinen bayrischen Bergdorf auftaucht.

Peggys Mutter Ute stammt aus Deutschland, ist bekannte Konzertpianistin und gerade auf Tournee, als der Vater mit der Tochter abhaut. Er ist besessen von der Idee eines Atomkriegs, des Weltuntergangs und des autarken Überlebens, das er seit Jahren mit einer Gruppe „Retreaters“ diskutiert. Er hat den Keller im Londoner Haus in einen Atombunker umgebaut und in der einsamen Hütte im bayrischen Wald setzt er nun all seine Ideale um. Peggy erweist sich als folgsam und lernwillig und glaubt ihm, als er ihr erzählt, dass die Menschheit ausgestorben, insbesondere ihre Mutter Ute tot und sie die letzten Menschen auf Erden seien.

Ihr Vater verrennt sich immer weiter in seine Art eskapistischen Wahnsinn, während Peggy zu einem jungen Mädchen heranwächst. Einem inneren Instinkt folgend entfernt sie sich von seinen Ideen und mithilfe des mysteriösen Fremden Reuben gelingt ihr schließlich die Flucht.

Der Roman wechselt Kapitelweise zwischen den Jahren in der Hütte und dem Jahr ihrer Rückkehr 1985. Ein Bruder, der während ihrer Abwesenheit zur Welt kam sowie Fotos von ihrem Vater setzen die Erinnerungen an die Ereignisse ihrer Flucht in Gang, die aufgrund der Subjektivität der Ich-Erzählerin und ihres kindlichen Alters, unzuverlässig und nicht bis zuletzt verständlich erscheinen. Doch ein selbstgebautes Tasten-Klavier und die Musik, die Ute früher nur für sich allein beanspruchte, erweist sich als magische Kraft, die Mutter, Vater und Kinder über diese Tragödie hinaus miteinander verbindet.

Ein wundersames, spannendes und letztendlich schmerzhaftes Buch über psychischen Missbrauch, das die Fähigkeit von Kindern, sich in Extremsituationen anzupassen, um zu überleben, mit kraftvoller Sprache und Lakonie beschreibt. 

Aus dem Englischen von Susanne Höbel, Piper 2021

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