„Die Beichte einer Nacht“ von Marianne Philips

Nach sieben Monaten des Schweigens berichtet Heleen, Insassin einer Nervenheilanstalt, der Nachtschwester von ihrem Leben.In einer wie atemlos erscheinenden Beichte hetzt sie ohne Kapiteleinteilungen auf den Wegen, die ihr Leben nahm. Dabei betont sie immer wieder, dass es ihre eigenen Entscheidungen waren, die sie traf.

Sie stammt aus armen Verhältnissen, hatte neun Geschwister und musste sich immer um die Kleinsten Kümmern. Mit dreizehn begann sie zu arbeiten und floh mit siebzehn von Zuhause in die Stadt, suchte sich einen Job als Verkäuferin und einen Freund, der sie aushielt.

Aufgrund ihrer Schönheit wurde sie von Kunden umschwärmt und heiratete einen reichen Erben, der zwanzig Jahre älter war, und den sie nach 2 Jahren wieder verließ. Ein Turnlehrer wurde ihre große Liebe und ihre kleine Schwester, die sie nach dem Tod der Mutter bei sich aufnahm, ihr Verhängnis.

Ein schon rein strukturell sehr modernes Buch, das bereits 1930 weibliche Rollenzuschreibungen und Erwartungshaltungen zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts psychologisch eindringlich und ungewöhnlich subjektiv thematisiert. Nachvollziehbar und authentisch geschildert ist  das Schwanken zwischen Opfergefühlen und Selbstbestimmung und eine verhängnisvolle Liebe.

Nebenbei blitzen kurz die Biografien anderer Insassinnen auf, und man erhascht Einblicke in die damalige Psychiatrie und die Pathologisierung weiblicher Gemütszustände.

Ich habe es wie im Sog gelesen und kann es nur empfehlen.

Erscheint heute im @diogenesverlag Aus dem Niederländischen von Eva Schweikart.

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